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Praxisrelevante Tipps für die kirchliche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen
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17.11.2022

Tod und Trauer in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen

Episode #5 des DENK:ZEICHEN Podcast

Trauer und Tod überfordern uns oftmals - noch mehr tun sie das in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Wie äußert sich Trauer bei Heranwachsenden überhaupt und worauf ist dabei zu achten? Und kann uns die Heilige Schrift in der Trauerpastoral eine Stütze sein? 

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Tod und Trauer in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen

Tod und Trauer sind Themen, die im Alltag gerne ausgeblendet werden - sie gelten als Tabus. Doch was, wenn sie uns dann doch ereilen und wir uns diesen nicht mehr entziehen können? Und wie sieht das dann speziell im Umgang mit Kindern und Jugendlichen aus?

 

Mag.a Silvia Langthaler vom roten Anker (Caritas Socialis) erzählt uns im Gespräch mit Host Sophie Mayr nicht nur allgemein etwas über Tod und Trauer, sondern auch was wir in belastenden Situationen wie diesen tun können.

 

https://www.cs.at/angebote/cs-hospiz-rennweg/roter-anker

 

Episode #5: Jetzt auch auf Spotify, Apple Podcast, Amazon Music & Co anhören

Trauerpastoral bei Kindern

 

Michaela Grimminger

Diözesanbeauftragte der Krisenseelsorge im Schulbereich (KiS) im Bistum Augsburg

 

 

Hintergründe zur Trauerpastoral

 

Dem Begriff Trauer liegen verschiedene Erklärungen zugrunde.

  • Ausgangspunkt vieler Definitionen ist diejenige von Sigmund Freud (1916): „Trauer ist regelmäßig die Reaktion auf den Verlust einer geliebten Person oder einer an ihre Stelle gerückten Abstraktion wie Vaterland, Freiheit, ein Ideal usw. …“
  • Freud war es auch, der zum ersten Mal den Begriff „Trauerarbeit“ verwendete und damit die Trauerbewältigung als aktives Tun klassifizierte.
  • Nach allgemeinem Verständnis ist Trauer nichts Statisches, sondern ein Prozess der ständigen Wandlung. Man kann sie nicht einfach irgendwie erledigen. Sie muss und will durchlebt werden àTrauerbewältigung. Nur so kann sie Kraftquelle für etwas Neues werden.
  • In uns selbst festgehaltene Trauer behindert uns an unserem eigenen Leben. Sie ist eine uns angeborene Fähigkeit, mit Verlusten leben zu können.
  • Wir erleben in unserem Leben verschiedene Abschiede, die mit der Empfindung von Trauer verbunden sind - z. B. wenn wir uns als Kind vergeblich nach genügend Liebe und Geborgenheit sehnen, wenn Menschen ihre Arbeit verlieren, wenn Kranke durch ihre Krankheit bleibend gezeichnet oder unheilbar krank sind, wenn die Liebe zwischen Mann und Frau nicht mehr ausreicht und sie getrennte Wege gehen und, und, und ...
  • All das ist Grund zum Trauern, aber am deutlichsten wird uns Trauer beim Tod eines nahestehenden Menschen, zu dem eine emotionale Beziehung besteht – wobei dies auf unterschiedlichsten Ebenen basieren kann. Hier ist die Trauer am ehesten gesellschaftlich anerkannt, wenn auch nur für eine bestimmte Zeit.
  • Letztlich wird Trauerbewältigung erwartet, also das Wiedereingliedern in gesellschaftliche Erwartungen und das Funktionieren im Alltag.
  • Menschen in Trauer brauchen Aufmerksamkeit und Zeit, weil die Trauer durchlebt werden will. Sie erfasst den Trauernden in seiner ganzen Identität, beraubt ihn seiner Wurzeln.
  • Erschwerend kommt hinzu, dass in unserer heutigen Gesellschaft Trauer als Schwäche angesehen wird. Dadurch können Trauernde in ein absolutes Gefühlschaos stürzen.
  • Der Trauernde sitzt in einer Achterbahn der Gefühle und fühlt sich dem oft ganz ausgeliefert. In diesem Ausgeliefertsein, spürt er die Angst vor dem Alleinsein mit diesen Gefühlen und gleichzeitig eine Bedrohung des Lebens mit Perspektivlosigkeit und Zukunftsangst. Ein Gefühlschaos braut sich zusammen, überfordert, macht orientierungslos, reißt einen von einem Extrem zum anderen. Dieses Gefühlschaos kann sich aber auch ganz anders äußern.
  • Der Trauernde erstarrt, macht sich selbst gefühllos und steht nicht mehr in Kontakt mit sich selbst. Er nimmt seine eigenen Bedürfnisse nicht mehr wahr, erlebt die eigenen Sinne wie ausgeschaltet, bewegt sich in der Welt ohne Zeitempfinden und Plan, nimmt die Welt wie durch Nebelschwaden wahr, fühlt sich unberührbar.
  • Dies alles ist das Chaos der Trauer und in diesem Chaos ist es zugleich völlig normal.
  • Wenn der Tod sich ankündigt, wenn der endgültige Abschied naht, dann erleben die Angehörigen eine besondere Situation. Der Angehörige trauert bereits um einen Verlust, der jedoch noch nicht eingetreten ist – diese sogenannte „vorweggenommene Trauer“ wird erst mit dem Tod des geliebten Menschen real und unmittelbar bewusst, weil davor in jeder Empfindung noch die Hoffnung auf eine positive Änderung mitschwingt.
  • Andererseits erfahren die Angehörigen bereits im Sterbeprozess in gewisser Weise die Vorwegnahme unseres eigenen Todes, werden sich also der eigenen Sterblichkeit bewusst.
  • Wenn Tod und Abschied die Hinterbliebenen ganz persönlich trifft, ist das eine dramatische Erfahrung. Sie werden bis in die Grundfeste ihrer Existenz erschüttert, ihr Leben wird völlig auf den Kopf gestellt und eine Neuorientierung ist nur schwer vorzustellen.
  • Mit dem geliebten Menschen stirbt auch ein Teil von ihnen, vieles wird verschüttet oder geht für immer verloren.

FAZIT: Trauer darf weder verdrängt noch versteckt werden. Jeder Mensch muss trauern können. Wir müssen die Trauer zulassen, Trauer muss erlebt und durchlebt werden. Denn nur dann, wenn die Trauer bewältigt, wenn ihr Zeit und Raum gegeben wird, kann aus der Trauer heraus neuer Lebensmut entstehen. Um sich selbst in der eigenen Trauer oder andere trauernde Menschen besser verstehen zu können, ist es gut, Grundsätzliches über die Trauer und ihre Phasen zu kennen!

 

 

Abschied braucht Emotionale Unterstützung

  • Vermittlung von Verständnis, Zuwendung und Einfühlung
  • Gefühle aushalten und nicht über sie hinwegtrösten
  • Möglichkeiten zum Gespräch anbieten
  • Schwierigen und bedrohlichen Fragen nicht ausweichen
  • Abwartende, zuhörende Haltung
  • Möglichkeit geben, alle Gefühle auszudrücken
  • Eine vertrauensvolle Beziehung
  • Sich klarmachen, dass wir anderen Menschen, den Schmerz des Abschieds nicht „ersparen“, sondern ihn an der Seite des Menschen mit „aushalten“ können, ihn darin nicht alleine lassen
  • Gefühl vermitteln, dass seine Gefühle akzeptiert werden
  • Achtung und Respekt entgegenbringen
  • Echtheit im Gespräch, Akzeptieren negativer Gefühle
  • Erkennen und akzeptieren, dass Angst, Trauer, Ärger normale Reaktionen in Bewältigungsprozessen sind
  • Sich nicht von jemanden zurückziehen

 

Kinder haben eine natürliche Fähigkeit zu Trauern

 

Jedes Kind verfügt in seiner „Grundausstattung für das Leben“ über angeborene Fähigkeiten, hierzu gehört auch die Fähigkeit zur Trauer. Je intensiver ein Kind trauert, umso besser verarbeitet es den Verlust. Jorgos Canacakis, ein bekannter Psychotherapeut und Trauerforscher, sagt: „Niemand bleibt von der Trauer verschont. Nichts als nur die durchlebte Trauer selbst kann sie bewältigen und umwandeln.“ Deshalb ist der einzige Weg, der aus der Trauer herausführt, der Weg, der durch die Trauer hindurchführt. Wir dürfen Kinder nicht schnell vom Schmerz wegführen. Wir sollten sie besser behutsam zum Schmerz hinführen und sie auf ihrem Weg durch die Trauer behutsam begleiten. Bei alledem können wir uns darauf verlassen, dass Kinder selbst ihren Weg, ihre Zeit und ihr Tempo der Trauer bestimmen. Kinder verfügen über gut funktionierende Abwehrmechanismen, die sie vor einem Zuviel an Leid schützen. Diese Mechanismen sind so lange aktiv, bis das Kind innerlich bereit ist, sich der neuen Situation zu stellen und den Verlust zu betrauern. Wie nun aber trauern Kinder?

 

Fachpersonen, wie Canacakis, Kübler-Ross, Kast und Finger beschreiben in ähnlicher Art und Weise die verschiedenen Phasen der Trauer. Dabei ist zu beachten, dass es gerade bei Kindern besonders schwierig ist, die unterschiedlichen Stationen der Trauer zu erkennen oder voneinander zu trennen. Sie müssen den Abschied von einem Menschen zu einem Zeitpunkt verkraften, in dem sie noch nicht über eine gefestigte Persönlichkeit verfügen. Umso wichtiger ist es, dass ihnen gesagt wird, dass das Durcheinander an Gefühlen, dem sie ausgesetzt sind, eine ganz normale Erscheinung auf ein belastendes Erlebnis ist. Auch die Todesursache (ob Krankheit, Unfall, Tötung oder Suizid) ist ein weiterer Faktor, der einen entscheidenden Einfluss auf die Art der Trauer-Verarbeitung hat.

 

Kinder trauern spontan und aufrichtig, weil sie noch in einer ganzheitlichen, gefühlsbetonten Welt leben. Sie trauern mit unterschiedlicher Intensität. In einem Moment ist das Kind „himmelhochjauchzend“, im nächsten Augenblick kann es zu Tode betrübt sein, sich ganz und gar seinen traurigen Gefühlen hingeben. Kinder trauern zudem mit einem großen Repertoire an Verhaltensweisen. Je jünger Kinder sind, umso mehr leben sie ihre Trauer mit ihrem Körper und ihrem Verhalten aus. Aber auch ältere Kinder sind oftmals (noch) nicht in der Lage ihre Gefühle sprachlich mitzuteilen.

 

MIT KINDERN ÜBER TOD UND TRAUER SPRECHEN

 

Wenn Kinder das Sterben und den Tod erfahren, brauchen sie eine, ihrem Entwicklungsstand angemessene Vorbereitung und Begleitung. Erwachsene sollten deshalb ein Wissen darüber haben, welche Vorstellungen Kinder vom Tod entwickeln, um sich in die kindliche Gedanken- und Gefühlswelt einfühlen zu können. Die Konzepte vom und über den Tod entspringen dem inneren Reifegrad des Kindes sowie den realen Erfahrungen, aber auch „Nichterfahrungen“, die es diesbezüglich erlebt und verinnerlicht hat. Diese Erfahrungen sind gesellschaftlich, kulturell sowie religiös geprägt und werden zudem von den Medien sehr stark beeinflusst. Je stärker Erwachsene bemüht sind, das Thema Tod von Kindern fernzuhalten, zu tabuisieren, umso schwieriger ist es für Kinder, die Tatsache des Todes verstehen zu lernen.

Weil es Kindern noch enorme Schwierigkeiten bereitet, den Tod zu begreifen, brauchen sie das Vorbild der Erwachsenen. Mit deren Hilfe und Unterstützung können sie lernen, zwischen einer phantasierten, virtuellen und realen Welt zu unterscheiden. Hierfür bedarf es immer wieder einfühlsamer Gespräche und Möglichkeiten, sich dem Thema zu nähern, beispielsweise durch regelmäßige Krankenhaus- und spätere Friedhofsbesuche, aber auch durch Bilder- und Geschichtenbücher, Märchen oder Bildmaterialien.

 

Mit Kindern über Glaubensüberzeugungen sprechen[1]

 

An dieser Stelle sei kurz erwähnt, dass wir Kindern nur solche Antworten geben sollten, die unserer eigenen, inneren Glaubensüberzeugung entsprechen. Auf die Frage nach dem „Wohin geht es nach dem Tod?“, könnte die Antwort „Ich weiß es nicht genau. Aber ich hoffe und vertraue darauf, dass es gut sein wird“, weitaus hilfreicher sein, als der Versuch, über einen „Himmel voller Engel“ zu sprechen, an den man doch eigentlich selbst nicht so recht glauben mag. Kinder und Jugendliche spüren sehr deutlich, inwieweit wir von unseren Glaubenshoffnungen und -überzeugungen getragen und getröstet werden, ob wir glaubwürdig sind oder das Kind nur vorübergehend vertrösten wollen.

 

Grundsätzlich sollten wir die Fragen der Kinder (gleich welchen Alters) nur so weit beantworten, wie die Kinder auch gefragt haben. Wir sollten eben gerade nicht weit ausholen, sondern den Kindern kurz und knapp bestimmte Sachverhalte erklären, dafür die Gefühlsebene jedoch ausreichend beachten. Die Informationen müssen sich beim Kind zunächst „setzen“, damit es diese verarbeiten kann. Wir können uns getrost darauf verlassen, dass das Kind gegebenenfalls ein zweites oder drittes Mal nachfragen wird, wenn es die Antwort noch nicht zufrieden gestellt hat. Es gilt also: So wenig wie möglich erzählen, dafür umso besser hinhören, was Kinder eigentlich von uns wissen wollen.

Wir sollten dem Kind nichts erzählen, was wir später in irgendeiner Form zurücknehmen müssen. Der Bruder ist weder verreist noch eingeschlafen, noch ist er verloren oder von uns gegangen. Gott hat ihn auch nicht zu sich genommen. Er ist gestorben und nun ist er tot. Weder die Ärzte noch das Krankenhaus sind z. B. am Tod eines Geschwisters schuldig, es ist vielmehr an den Folgen einer unheilbaren Erkrankung oder eines schweren Unfalls gestorben. Es wird deutlich: Kinder brauchen Erklärungen, die Klärung herbeiführen und ihnen helfen, die Situation klarer zu sehen. Wir sollten uns stets der Verantwortung unserer Antworten gegenüber Kindern bewusst sein, um ihre Leichtgläubigkeit nicht zu missbrauchen und das bestehende Vertrauen nicht zu verletzen. Schnell kommt es zum Vertrauensbruch, wenn das Kind merkt, dass es angeschwindelt wurde, auch wenn es sich lediglich um eine (in manchen Fällen sicherlich gut gemeinte) Notlüge handelt.

 

Es ist für Kinder kein Problem, wenn sie von Erwachsenen hören, dass sie auf manche Fragen (noch) keine Antwort haben: „Du, das beschäftigt mich ehrlich gesagt auch schon lange – ich weiß es nicht ...“. Es lässt Kinder erfahren, dass es weitreichende Fragen gibt, auf die auch Erwachsene nicht sogleich eine fix und fertige Antwort parat haben. Ganz im Gegenteil, so macht das Kind bereits früh die Erfahrung, dass es sowohl individuelle Sinndeutungen, als auch Glaubensüberzeugungen und somit immer nur persönliche Antworten zu gewissen Fragen geben kann. Antworten, die zu weiteren Überlegungen und somit eigenen Vorstellungen führen, sind in der religiösen Erziehung weitaus hilfreicher, als Dogmen, die wir Kindern aufzwingen, als ob sie die einzig wahre und somit richtige Sichtweise sind.

 

 

Vorsicht bei der Sprachwahl – Kinder nehmen alles wort-wörtlich!

  • »Du bist noch jung, das Leben geht weiter.«

--> Diese Worte nehmen den Schmerz nicht ernst.

  • »Ein Glück, dass sie jetzt erlöst ist und keine Schmerzen mehr hat.«

--> Sie hat keine Schmerzen mehr, aber um welchen Preis?

  • »Die Guten sterben immer jung.«

--> Schlussfolgerung: Dann hat man lieber schlechte Kinder!?

  • »Sie sind ja noch jung. Sie können noch weitere Kinder haben.« oder »Zum Glück haben Sie ja noch weitere Kinder.«

--> Kein Kind kann ein anderes ersetzen!

  • »Ich würde an so einem Schicksalsschlag zerbrechen.«

--> Gibt einem das Gefühl, dass man sein verstorbenes Kind womöglich nicht genug geliebt hat, wenn man nicht daran zerbricht.

  • »Die Zeit heilt alle Wunden.«

--> Nicht alle Wunden heilen, mit manchen muss man einfach leben lernen.

  • Ich weiß genau, wie du dich fühlst.«

--> Diese Aussage sollte nur gemacht werden, wenn wirklich ähnliches erlebt wurde, ansonsten soll sie zwar Mitgefühl ausdrücken, verkleinert aber den augenblicklichen Schmerz zu einem Allerweltsschmerz.

  • »Als das Meerschweinchen meiner Tochter starb, war sie auch so arg traurig.«

--> Es gibt verschiedene Arten von Trauer, sie alle gleich zu setzen ist ungerecht. Sie würden ja auch einen Schnupfen nicht mit einer Krebserkrankung vergleichen.

 

 

Altersentsprechendes Todes- oder Verlustverständnis[2]

 

Säuglinge und Kleinkinder bis zum 3. Lebensjahr

erleben Verluste, kennen Verlassenheit, sie reagieren auf Stimmungen, erleben Wut, Zorn und Angst. Mit dem Begriff »tot« oder »für immer getrennt« können sie jedoch nichts anfangen, sie denken nur: »Da ist jetzt jemand weg.« Deshalb stellen sie Warten-und-Suchen-Fragen wie: »Wann kommt Oma wieder?«

 

Haben Kinder selbst Trost in einer traurigen Situation erfahren, kann auch schon ein zweijähriges Kind trösten. Der Umgang mit Trauer und Trost wird schon von klein auf gelernt.

 

  • Keine konkrete Todesvorstellung, sondern grundlegende emotionale Irritation

Kindergartenkinder (3 bis 5/6 Jahre)

stellen Fragen, haben das Bedürfnis, den Tod zu erforschen. Dabei zeigen sie wenig äußere Gefühlsregungen und -empfindungen, eher eine Sachlichkeit. Empathie und Emotionalität wird ebenfalls im gemeinsamen Erleben und anhand von Lebenssituationen gebildet.

Kleine Kinder glauben, der Tod oder eine endgültige Trennung stößt anderen zu – sie selbst, Mama und Papa sind noch nie gestorben oder getrennt gewesen und werden es auch nicht sein. Ihre bisherige Erfahrungswelt lässt diesen Gedanken gar nicht zu. Für Jungen und Mädchen im Kindergartenalter ist eine lebensgefährliche Krankheit unverständlich, wenn Symptome nicht sichtbar sind. Die Endgültigkeit des Todes wird nicht begriffen.

  • Tod ist begrifflich nicht fassbar
  • Reversibles Ereignis oder Übergang in andere körperliche Existenz
  • Kein Verständnis, dass ein Mensch nicht mehr zurückkommt
  • Mitfühlen kann das Kind noch nicht leisten
  • Bilder und Vergleiche lösen unter Umständen Phantasien aus – mehr als die Realität

Wichtig:

  • An möglichst vielen Vorgängen in der Trauer teilhaben lassen, damit es sich annähern kann!

 

Kinder im Grundschulalter bis ca. zum 12. Lebensjahr

wissen, dass Tod und Scheidung realistisch sind, dennoch begreifen sie noch lange nicht die tatsächliche Endgültigkeit. Das setzt erst mit dem 12. Lebensjahr oder später ein. Ab ungefähr 8. Lebensjahr fangen Kinder an zu begreifen, dass jeder, auch sie selbst, sterben müssen, dass Elternbeziehungen getrennt werden können.

Gleichzeitig übernehmen sie den Gedanken, dass tote Menschen nichts mehr spüren, sie setzen den Tod mit Dunkelheit und Bewegungslosigkeit gleich.

Sie fühlen oft eher mit den trauernden Angehörigen mit, als um die Verstorbenen zu trauern, weil sie die Information »zu alt«, »zu krank« oder »ein schlimmer Unfall« sachlicher, für sich logisch übernehmen und die emotionale Bandbreite nicht überschauen. Langsam differenzieren sich bei ihnen die Begriffe Körper, Geist und Seele heraus, sofern sie in ihrer Umgebung benannt werden.

 

 

Differenzierungen (zwischen 6 und 10 Jahre):

  • Gewissheit der Unumkehrbarkeit gewinnt an Bedeutung
  • Sachlich nüchternes Interesse
  • Problem: Einem schon differenzierten, intellektuellen Verständnis von Sterben und Tod stehen wenig Fähigkeiten gegenüber, mit Assoziationen und Gedanken umzugehen
  • Sucht eigene Möglichkeiten die Trauer zu bewältigen – auch außerhalb der Familie (mit Gleichaltrigen)

Wichtig:

  • Gespräche und Beobachtungen – keine Wertungen
  • Dauerhafte und verlässliche Sicherheit

 

Differenzierungen (zwischen 9 und 12 Jahre):

  • Ausgeprägtes Verständnis von Sterblichkeit vorhanden
  • Trotz der Realität akzeptiert es den abstrakten und unerklärlichen Anteil am Todesgeschehen
  • Reiz von Gruselgeschichten (Scheintote)
  • Wirkt unemotional
  • Familie und Gruppe (Freunde, Schule) haben große Bedeutung

Wichtig:

  • Empfindungen und Äußerungen des Kindes aufmerksam beobachten (Ängste, Schuldgefühle)
  • Ehrlichkeit
  • Etwas tun können – machen lassen
  • Verarbeitungsprozesse unterstützen

 

In der Pubertät/Jugendliche

verstehen Jugendliche den Tod als ein abschließendes und unausweichliches Ereignis. Kognitiv überblicken sie auch die Gründe für eine Trennung. Ähnlich wie Erwachsene stellen sie Warum-Fragen und Sinnfragen für das eigene Leben. Das, was sie bisher erfahren haben und was ihnen vermittelt wurde, nehmen sie als Grundlage in ihr weiteres Leben mit.

  • Reagieren „cool“ – Ordnung muss intakt bleiben
  • Rasche Wechselmöglichkeiten zwischen verschiedenen Gefühlen
  • Fähigkeit, Trauer zu vertagen
  • Angst vor Trauerzwang – Rückzug aus der Familie
  • Überlebende sind oft ganz einsam
  • Mit dem Fehlen der Bezugsperson, fehlt auch die Orientierung (v. a. in der Pubertät)
  • Existenzängste durch finanzielle Probleme
  • Schuldgefühle, Schuldzuweisungen, Scham

Wichtig:

  • Nicht zu schnell zur Tagesordnung übergehen

Grundsätzlich:

Kinder und Jugendliche sind stärker und widerstandsfähiger als oft angenommen wird. Wenn ihnen Unterstützung und vor allem Liebe zuteilwird, werden sie erkennen, dass auch diese Erfahrung ein Teil ihres Lebens ist.

 

 

Die biblische Erzählung der Emmaus Jünger (Lk 24,13-35)

als Modell für eine christlich begründete Trauerbegleitung[3]

 

Die neutestamentliche Auferstehungserzählung der Emmausjünger lässt sich als ein Grundmodell christlicher Trauerbegleitung begreifen, in der sich die im Kontext der „TrauerWelt“© vorgestellten sieben Grundschritte/Aspekte im Trauerprozess finden lassen:

 

„Am gleichen Tag waren zwei von den Jüngern auf dem Weg in ein Dorf namens Emmaus, das sechzig Stadien von Jerusalem entfernt ist.“

Die beiden Jünger entfernen sich vom Ort des Leidens und Sterbens Jesu, vom Ort, an dem sie mit dem Tod konfrontiert wurden, und suchen im wahrsten Sinn des Wortes Abstand: Rausgehen, um zu überleben, auch, um von den Bildern und Erfahrungen des Leids und des Todes Distanz zu gewinnen und die aufkommenden Gefühle zu übergehen. Vielleicht haben wir es hier mit dem Trauertypus des „Vermeiden“ zu tun.

 

„Sie sprachen miteinander über all das, was sich ereignet hatte.“

Die Jünger kommen miteinander ins Gespräch über die erlebten Ereignisse des Todes, bringen das Erlebte zur Sprache und versuchen darin das Erlebte zu begreifen und in Worte zu fassen. Im gegenseitigen Austausch gewinnen die schockierenden Erfahrungen an Kontur; dies hilft ihnen, die schmerzliche Realität mehr und mehr anzunehmen. Damit gehen wohl auch schon einige Gefühlsäußerungen einher.

 

„Während sie redeten und ihre Gedanken austauschten, kam Jesus hinzu und ging mit ihnen. Doch sie waren wie mit Blindheit geschlagen, so dass sie ihn nicht erkannten. Er fragte sie: Was sind das für Dinge, über die ihr auf eurem Weg miteinander redet?“

In Jesus, der sich ihnen zugesellt, haben die beiden Jünger einen (Trauer-)Begleiter an der Seite, der zunächst allein durch sein stilles Mitgehen Trost gibt und ihnen zur Seite steht. Sie weisen ihn nicht zurück, sind also in stiller Übereinkunft bereit, auf ihrem Trauerweg Unterstützung anzunehmen und zuzulassen. Dabei drängt sich Jesus nicht auf, sondern begegnet in Achtsamkeit lauschend der Erzählung der beiden Jünger. Mit seiner Frage signalisiert er behutsam interessierte Anteilnahme und eröffnet ihnen durch die offene Fragestellung einen Raum, in dem sie frei ihre Trauer äußern können.

 

„Da blieben sie traurig stehen, und der eine von ihnen - er hieß Kleopas - antwortete ihm: Bist du so fremd in Jerusalem, dass du als einziger nicht weißt, was in diesen Tagen dort geschehen ist? Er fragte sie: Was denn?“

In Nachfragen und Erzählen lassen wird die Beziehung in der Er-INNER-ung wieder (neu) lebendig. Durch den achtsamen Einstieg in die Begleitung der beiden trauernden Jünger erreicht Jesus, dass das Davonlaufen und Auf-Abstand-Gehen zum in Jerusalem geschehenen Todesereignisses zum Stillstand kommt und die Trauer mit seinen Gefühlen bei den Jüngern ankommen kann: Im äußeren Innehalten kann jetzt das zur Sprache kommen, was innerlich bewegt und aufwühlt. Obgleich Jesus selbst als Erstbetroffener sehr wohl um das Geschehene weiß, lässt er es sich erzählen. Damit kann der Trauerprozess in den Jüngern in Gang kommen und die persönliche Auseinandersetzung mit dem Erlebten beginnen.

 

„Sie antworteten ihm: Das mit Jesus aus Nazareth. Er war ein Prophet, mächtig in Wort und Tat vor Gott und dem ganzen Volk. Doch unsere Hohenpriester und Führer haben ihn zum Tod verurteilen und ans Kreuz schlagen lassen. Wir aber hatten gehofft, dass er der sei, der Israel erlösen werde. Und dazu ist heute schon der dritte Tag, seitdem dass alles geschehen ist. Aber nicht nur das: Auch einige Frauen aus unserem Kreis haben uns in große Aufregung versetzt. Sie waren in der Frühe beim Grab, fanden aber seinen Leichnam nicht. Als sie zurückkamen, erzählten sie, es seien ihnen Engel erschienen und hätten gesagt, er lebe. Einige von uns gingen dann zum Grab und fanden alles so, wie die Frauen gesagt hatten; ihn selbst aber sahen sie nicht.“

Jesus lässt sich das Erlebte erzählen, wobei auch die damit verbundenen Gefühle zur Sprache kommen. Das Zuhören und aufmerksame Dasein allein kann hierbei schon Trost spenden. Im Erzählen wird durch die Jünger der unwiederbringliche Verlust wiederholt thematisiert und kann sich so mehr und mehr vom „Nicht-Wahr-Haben-Wollen“ zur tatsächlichen Gewissheit wandeln.

 

„Da sagte er zu ihnen: Begreift ihr denn nicht? Wie schwer fällt es euch, alles zu glauben, was die Propheten gesagt haben. Musste nicht der Messias all das erleiden, um so in seine Herrlichkeit zu gelangen? Und er legte ihnen dar, ausgehend von Mose und allen Propheten, was in der gesamten Schrift über ihn geschrieben steht.“

Jesus liefert vor dem Hintergrund der Prophezeiungen der Schrift den beiden trauernden Jüngern eine Erklärung für das Geschehene, stellt die sinnlos erlebte Erfahrung von Leid und Tod in einen Sinnzusammenhang der tradierten Überlieferung. Damit bietet er ihnen eine Antwortmöglichkeit auf ihre Verzweiflung und ihre offenen, quälenden Fragen an, wobei er diese nicht auf ihn als Begleiter und seine persönliche Erfahrung zurückführt (was in seinem Fall durchaus möglich wäre, da sich in ihm die Schrift erfüllt), sondern auf ein objektiv überliefertes Glaubensgut. So stellt er nicht sich als Begleiter, sondern die Sachinformation und den Deutezusammenhang ins Zentrum.

 

„So erreichten sie das Dorf, zu dem sie unterwegs waren. Jesus tat, als wolle er weitergehen, aber sie drängten ihn und sagten: Bleib doch bei uns; denn es wird bald Abend, der Tag hat sich schon geneigt. Da ging er mit hinein, um bei ihnen zu bleiben.“

Als Trauerbegleiter drängt sich Jesus den beiden Jüngern nicht auf, sondern überlässt es den Trauernden selbst, ob sie seine Begleitung noch benötigen. Hierbei wird ein wichtiges Kennzeichen einer professionellen (Trauer-)Begleitung kenntlich, nämlich in der Begleitung nicht selbst die Führung zu übernehmen, sondern sich von dem zu Begleitenden führen zu lassen, im Sinne von: Solange du mich brauchst, bin ich für dich da.

 

„Und als er mit ihnen bei Tisch war, nahm er das Brot, sprach den Lobpreis, brach das Brot und gab es ihnen. Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten ihn; dann sahen sie ihn nicht mehr.“

Hier geschieht durch die Begleitung eine Rückführung in die Alltagsstruktur: das Stillen des Grundbedürfnisses von Hunger und Durst. Zugleich eröffnet Jesus im Ritus des Brotbrechens bei Tisch einen spirituellen Sinngehalt und Deutehorizont, der an der vormaligen inneren Erfahrung der trauernden Jünger (vom Letzten Abendmahl) anknüpft, der trostreich bis in die Tiefe des Herzens ist. Dadurch werden sie innerlich aufgerichtet und ermutigt. Da diese im Letzten Abendmahl grundgelegte rituelle Handlung Jesu zugleich seine bleibende Präsenz in der Brotgestalt beinhaltet, gleichsam das Erinnerungsvermächtnis Jesu schlechthin ist, wird seine menschlich erfahrbare Gegenwart als Trauerbegleiter im selben Augenblick obsolet. Die äußerlich behutsam begonnene Trauerbegleitung und schrittweise Trostspendung ist im Inneren der Jünger angekommen.

 

„Und sie sagten zueinander: Brannte uns nicht das Herz in der Brust, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schrift erschloss? Noch in derselben Stunde brachen sie auf und kehrten nach Jerusalem zurück, und sie fanden die Elf und die anderen Jünger versammelt. Diese sagten: Der Herr ist wirklich auferstanden und ist dem Simon erschienen. Da erzählten auch sie, was sie unterwegs erlebt und wie sie ihn erkannt hatten, als er das Brot brach.“

Durch diese tiefe, sie bis ins Innere erfassende tröstende Sinnerfahrung erleben die trauernden Jünger selbst eine einzigartige Wandlung, die sich im Äußeren Bahn bricht: Die vormalig vor Tod und Trauer aus Jerusalem Fliehenden kehren eben dorthin zurück, um ihre Trosterfahrung an die anderen, dort verbliebenen Jünger weiter zu geben: Aus vormalig selbst Trauernden, die durch die Schule der Trauerbewältigung und Trosterfahrung gegangen sind, sind Trauerbegleiter geworden.

 

 

Auszüge aus der schulpastoralen Weiterbildung: Trauerpastoral im Kontext Schule, Bistum Augsburg

 

Abteilung Schule und Religionsunterricht

Sachgebiet Schulpastoral, spirituelle Begleitung, Ganztagsbildung und Schulentwicklung /

Fachstelle Schulische Inklusion

OStD i. K. Markus Moder

Hoher Weg 14

86152 Augsburg

Fon: 0821 / 3166-5160

E-Mail: schulpastoral@bistum-augsburg.de

 

 


[1]Leist, M. (1979): Kinder begegnen dem Tod, Gütersloh, 1979.

[2]KiS Handout I „Tod und Trauer“ und Ergänzungen aus Praxisbuch Trauerbegleitung, Patmos Verlag 

[3] Pfarrer Thomas Demel, Klosterlechfeld.

 

 

 


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